Archive for ‘Semantik Syntaktik Pragmatik Sigmatik’

Dezember 17, 2010

1. Das Cover: Übung zu Syntax

Der neue kompetenzorientierte Lehrplan sieht vor, dass zu den Kompetenzbereichen Übungsbeispiele veröffentlicht werden, die zeigen sollen, wie der / die SchülerIn diese erlangt. Nachfolgend zwei Übungsbeispiele zum Themenkreis: Semantik, Syntaktik, Pragmatik, Sigmatik. Da es sich um die Einführung in die Begriffe handelt, sollte die Sequenz eher am Anfang des vierten Jahrgangs des Kompetenzbereichs „Design und Kommunikation“ stehen.

Ausgangspunkt
Zu vermitteln ist die theoretische Grundlage der Semiotik in die Disziplinen von Semantik, Syntaktik, Pragmatik, Sigmatik. Zwar ist der Umgang mit der Gestaltung von Bildern und Texten bereits aus dem Fach Entwurf bekannt, doch geht es hier um das Erlernen methodischer Werkzeuge, um den Designprozess für sich selbst durch Kriterien überprüfbar zu machen. Zudem vermittelt die Übung einen guten Einblick über die Arbeitsweise einer semiotischen Analyse.
Im ersten Beispiel geht es vornehmlich um die syntaktische Anordnung von Designelementen und den Hinweis, wie stark diese Neuanordnung die Semantik (den Sinn und die Aussage) beeinflusst. Zudem werden in diesem Zusammenhang Grundbegriffe der Semiotik erläutert.

Phase 1 . Theoretische Vermittlung
Dem / der SchülerIn wird der Unterschied von „Semantik / Syntaktik / Pragmatik / Sigmatik“ anhand von gängigen Definitionen erklärt

a) als Unterteilungen in der Zeichenlehre
Erklärt werden können die Begriffe mittels der Verwendung in der Sprachwissenschaft und z.B. anhand eines Satzes: „Peter geht zur Schule.“
– Semantik: Inhaltsaspekt, Aussage (Wer macht was? Tatsachenbehauptung, Sinn der Wörter, Sinn des Satzes etc.)
– Syntaktik: Grammatik, Anordnung der Zeichen: „Geht Peter zur Schule?“,  „Zur Schule geht Peter“, „Peter Schule geht zur“. Deutlicher Verweis auf die Sinnverschiebung durch neues Arangement der selben! Zeichen.
– Pragmatik: Handlungsaspekt / Aufforderungsgehalt einer Aussage, Sinn, Kommunikationsaspekt: „Wie wird etwas gesagt?“, „Wer sagt es, warum?“ Dies erzeugt ebenso „Sinn“
– Sigmatk: Ähnlichkeitsbezug vom Zeichen zum Dargstellten (schwer in der Sprachwissenschaft zu erklären). Daher z.B. Beispiel aus Grafikdesign: „Ab wann wird bei einer Strichzeichnung aus einer Form ein Gesicht?“ , „Was wenn ein Flugzeug auf einem Signet keine Räder hat?“


Drastische Änderung der Aussage durch sigmatisch leicht veränderte Darstellung

b) Begriffe auf Grafik Design angewendet: erklärt z.B. anhand eines politischen Plakats
Semantik: Aussage der Person, Art der Fotografie, Wer ist die Person, welche Partei etc.
Syntax: feste Regeln eines Plakats „wie groß Politiker abgebildet ist“, „wo sich Schriftzug befindet“, „wo das Logo steht“. Hinweis, dass Änderung der Syntax den Sinn total verändern kann
Pragmatik: Person / Partei will gewählt werden, Pragmatik des Plakats (Ankündigung, Gestaltung großflächig/mächtig, in der ganzen Stadt etc.)
Sigmatik: z.B. Ähnlichkeit des Sujets zur Partei (Nähe / Ferne), Große des Parteilogos, je nachdem, ob Persönlichkiet oder Partei gewählt werden soll


Beispiel: Drastische Änderung der Aussage durch rein semantische Veränderungen (Inhalt des Textes).
Wichtig dabei ist z
udem  jedoch auch der pragmatische Aspekt (Text wurde von jemandem verbotener Weise überklebt), der natürlich den Inhalt des gesamten Eindrucks bestimmt.

Beispiel: Drastische Änderung der Aussage allein durch einfache syntaktische Änderung der Anordnung der Elemente. Wichtig dabei ist, dass das Logo rechts unten „genauso“ Sinn macht, wie das scheinbare „Verkleben“ des Mundes. Zudem: pragmatischer Aspekt wie oben.

Beispiel: Drastische Änderung des Inhalts durch unterschiedliche pragmatische Verwendung (einmal als Werbung, einmal als Protest). Zudem sind natürlich sematische, sytaktischen sowie sigmatische (Schrift) Unterschiede erkennbar. Dies jedoch auch Sinn der Übung: dass es um ein Zusammenspiel mehrerer Ebenen geht.

Phase 2 . Praktisches Übungsbeispiel
Gegeben ist ein Bild einer Person. Hier im Beispiel eine ältere Person. Das Bild sollte in so hoher Auflösung vorliegen, dass unterschiedlcihe Ausschnitte gewählt werden können (Ebene der Semantik)
Gegeben ist zudem ein Satz. Hier im Beispiel: „Wir werden immer älter!“
Gegeben ist der Screenshot einer Zeitung (Der Spiegel)
Aufgabe:
„Gestalte die Syntaktik der Elemente „Bildausschnitt“ und „Platzierung“ des Satzes so, dass sich drei unterschiedliche Aussagen ergeben. Versuche die unterschiedlichen Aussagen zu benennen. Zudem: Verwende eine Schrift und eine einheitliche Schriftgröße.“


Foto und Dateivorlage sollten zur Verfügung stehen…

Die Typographie sollte in der Übung nicht verändert werden (würde die Aussage sigmatisch verschieben). Allein die Plazierung (Syntaktik) der Elemente soll die Aussage(verschiebung) bilden.

Erklärt werden kann auch der Zusammenhang von Sematik (Bildauschnitt) zu Syntaktik (Anordnung von Text zu Bild)


Phase 3. Reflexion

Die Arbeiten werden besprochen.
– Es wird nochmals der Zusammenhang von Semantik (Bildinhalt der Fotografie, Textaussage) und Anordnung der Zeichen (Syntax) heraus gearbeitet.
– Klar sollte auch werden, dass der pragmatische Aspekt in der Handlung der Herstellung des Sujets begründet liegt (Hier: „Mit meiner Anordnung will ich / die Zeitung eine bestimmte Aussage treffen“)
– Auf sigmatischer Ebene kann dann darüber gespröchen werden, welche Ausagen entstehen, wenn es beim Bildausschnitt zu extremen Verfremdungen kommt bzw. welche Rolle hier die Typographie (Welches „Schreiben“ wird nachgeahmt?) spielt.


Im Unterschied zur semantischen (Bildauschnitt) und syntaktischen Veränderung (Anordnung Text/Bild):
Radikale Änderung der Aussage durch Veränderung der Sigmatik (Pixelbild) und Schreibschrift.

Dezember 17, 2010

2. Das Bankomatproblem – Übung zur Pragmatik von Grafikdesign

Der neue kompetenzorientierte Lehrplan sieht vor, dass zu den Kompetenzen  Übungsbeispiele veröffentlicht werden, die zeigen sollen, wie der / die SchülerIn diese erlangt. Nachfolgend das zweite von zwei Übungsbeispielen zum Themenkreis: Semantik, Syntaktik, Pragmatik, Sigmatik. Da es sich hier um Grundlagen des Unterrichts handelt, sollte die Sequenz am Anfang der vierten Klasse durchgeführt werden.

Ausgangspunkt:
Wir kennen das: Beim Bezahlen an einer Bankomatkasse bzw. am Bankomat sehen wir uns mit einer pragmatischen Aufforderung konfrontiert: „Bitte schieben Sie Ihre Bezahlkarte richtig herum in das Gerät“. Wie kommt diese Handlungsaufforderung eigentlich zu Stande? Was hat dies mit Grafik Design zu tun? Was mit Semantik, Syntaktik, Pragmatik und Sigmatik? Vorraussetzung ist die in Übung 1 vermittelte theoretische Grundlage von Semantik (Bedeutung), Syntaktik (Anordnung der Zeichen), Pragmatik (Handlungsaspekt, Aufforderung) und Sigmatik (Ähnlichkeitsbezug / Abstraktion von Zeichen zum Dargestellten).

Phase 0. Das Briefing, die Recherche
Nach Klärung des Problems (siehe oben), werden die SchülerInnen darüber informiert, dass das Zeichen auf einem Bankomat oder einer Bankomatkasse (Aufdruck des Kartensymbols, eventuell Pfeil mit Einschubrichtung etc.) neu gestaltet werden soll. Dies beinhaltet die Gestaltung des Zeichens am Gerät in Originalgröße sowie einen Vorschlag, wo das Zeichen am Gerät (besser) zu platzieren sei, um eine klarere Handlungsaufforderung (Pragmatik) in Gang zu setzen.
Zudem soll jede/r SchülerIn eine Recherche drurchführen und unterschiedliche exisitierende Lösungen mit dem Handy fotografieren und folgende Fragen beantworten:
– Ist die Pragmatik am dokumentierten Gerät gut gelöst?
– Wenn ja, woran liegt das?
– Wenn nein, warum macht es Schwierigkeiten, die Einsteckrichtung etc. schnell aufzulösen?

Eventuell sollen die SchüklerInnen auch eine kleine Umfrage mit Passanten diesbezüglich vor Ort machen. Zudem sollen passend dazu unterschidliche Geldkarten mit Vorder- und Rückseite dokumentiert werden. Die Recherche ist mit kurzen stichwortartigen Anmerkungen präsentationsreif abzugeben.


hier: Ergebnis von der Recherche zur Präsentation aufbereitet


Phase 1 . Reflexion der Recherche und theoretische Vermittlung

Es wird anhand der Präsentationen unterschiedlicher Geräte erarbeitet, welche Ebenen hier vorkommen:
– Semantik: Was macht die Karte zu einer Geldkarte? Welche Zeichen deuten darauf hin? Wieso ist in diesem Zusammenhang die Karte aus Plastik? Was bedeutet Geld hier? Wie ist Geld auf dem Gerät repräsentiert?
– Syntaktik: Welche Zeichen gibt es auf der Karte? Wie sind sie angeordnet? Was bedeutet das für die Vorderseite, was für die Rückseite? Gibt es auf der Karte ein „Rechts“ / ein „Links“? Ein „Oben / Unten“ oder „Vorne / Hinten“? Wie sind diese Orientierungen gestaltet? Wie deutlich ist der Pfeil etc?
– Syntaktik des Gerätes: Wo sind Zeichen angeordnet? Wo ist das Zeichen plaziert? Wie ist der Einsteckschub angeordnet? Gibt es hier Unterschiede? Gibt es weitere erklärende Zeichen / Prägungen etc.
– Sigmatik: Ist das Zeichen am Gerät selbst leicht als „Geldkarte“ zu erkennen? Wie erkenne ich Vorder und Rückseite? Was ist hier darstellungtechnisch gut, was schlecht gelöst? Erkenne ich Pfeile?Wie ähneln sich Pfeil auf der Karte und Pfeil am Gerät? Wenn Zahlen abgebildet sind: Wie können diese „vereinfacht“ dargestellt werden?
– Pragmatik: Wie ist die Handlungsaufforderung am Gerät organsiert? Pfeile, Architektur des Einsteckschubs? Textanweisung? Bessere Anordnung der Zeichen?


Bild von einer Recherche. Im Unterricht werden Anmerkungen zur Pragmatik (Platzierung des Einsteckschubs), zur Sigmatik
Größe des Zeichens (Zahlen sind nicht erkennbar), Syntaktik (Platzierung des Zeichens zweifach am Gerät) und Semantik (warum ist das Gerät selbst blau und ähnelt anderen Geräten) etc. erarbeitet.


Phase 2 . Arbeiten an einer Lösung

Der/die SchülerIn „wählt“ sich ein Gerät, dass er/sie verbessern möchte.
Zu gestalten sind:
– Ein neues Zeichen (Illustrator)
– Eine neue Platzierung des Zeichens am Gerät (Photoshopmontage)
– Optional: Neugestaltung der Karte

hier: Schülerarbeit. Diskussion über Sigmatik (Ist die Perspektive richtig? Ist Perspektive Handlungsanweisung? Ist Chip eventuell zu detailliert?), Pragmatik (Ist die Handlungsanweisung gegeben, wenn Signet das „Endergebnis“ des Vorgangs zeigt?), Syntaktik (Soll das Zeichen über das gesamte Gerät gehen?), Semantik (Was macht den ganzen Vorgang zu einem Zahlungsvorgang?)

hier: Weitere Lösung, mit guten pragmatischen Eigenschaften. Eventuell sigmatisches Problem bei der Verkleinerung des Zeichens am Gerät (Sichtbarkeit / Erkennbarkeit des Pfeils) zudem ist Chip eventuell zu Nahe am Rand.


Phase 3 . Analyse / Entwicklung / Rebriefing

Bei der Präsentation der Arbeiten sollte auf Folgendes geachtet werden:
– Sigmatik: Ist der Chip als Chip zu erkennen, Rundungen der Ecken (ist das eine Karte?), Perspektive falls vorhanden etc. Erklärt werden sollte, dass es um Ähnlichkeit und Reduktion gleichzeitig geht, damit die Pragmatik („Karte richtig herum einstecken!“) optimal verläuft. Beispiele zu anderen Anwendungen (Bedienungsanleitungen, Infografik etc.) sind zu ziehen.
– Syntax: Hinweis auf minimale Veränderung von Platzierungen als Neudefinition der Aufgabe
– Pragmatik: Nochmals der Hinweis, dass es um Funktion (Reduktion auf Vorgang) nicht um Ästhteik geht
– Semantik: Was darf man an der Geldkarte verändern, was nicht, damit es „Geldkarte“ bleibt? (siehe unten)


hier: z.B. Diskussion, ob Karte semantisch noch eine Geldkarte ist

Fazit:
In der theoretischen Vermittlung und praktischen Übung soll dem Schüler / der Schülerin  die analytische Ebene von Semantik, Syntaktik, Sigmatik und Pragmatik anhand eines scheinabr einfachen Beispiels näher gebracht werden. Ziel des Unterrichts ist es, diese Ebenen der Differenzierung zu etablieren und als Möglichkeit einer methodischen Selbsteavaluation des Designs zu ermöglichen. Zusammengefasst soll der Schüler die Möglichkeit erhalten „an unterschiedlichen Schrauben“ zu drehen und gleichzeitig das pragmatische Kommunikationsziel („Worum geht es eigentlich?“) im Auge behalten. In der Systematisierung (Anordnung der Zeichen, Aussehen des Elements, Bedeutung und Kommunikationsziel) sollen dadurch Entwürfe methodisch selbständig (ohne Lehrerfeedback) „überprüft“ werden können. In einem Ausblick kann diese Vorgehensweise auf die Ebenen von ikonischem (abbildenden) Zeichen, indexikalischem (verweisenden) Zeichen und symbolischem (abstrakten) Zeichen projiziert werden.